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Von Nullergebnissen zu politischen Transparenz

Zwei Iterationen zeigen, wie unterschiedlich kommunalpolitische Themen sichtbar werden

Nach unserem ersten Artikel über Open Data in Bonn wollten wir tiefer einsteigen: Wie lassen sich konkrete Themen in der Stadtpolitik systematisch erschließen? Unser Tool stadt-bonn-oparl durchkämmt die kommunalpolitischen Dokumente – manchmal mit überraschenden Ergebnissen.

Schwerpunkte

Erste Iteration: Die große Leerstelle bei der Müllverbrennung

Was wir suchten

Bonn hat eine Müllverbrennungsanlage (MVA), die täglich Tonnen von Abfall verbrennt. Dabei entstehen verschiedene Rückstände – Schlacken, Filterstäube, Kesselaschen – die irgendwie entsorgt werden müssen. Eigentlich ein wichtiges Umweltthema für eine Stadt, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt.

Was wir fanden: Nichts

Trotz verschiedener Suchbegriffe und systematischer Durchsuchung der Ratsdokumente: null Treffer. Keine Drucksachen, keine Diskussionen, keine Beschlüsse zur MVA-Rückstandsentsorgung.

Warum das trotzdem wichtig ist

Zunächst frustrierend, aber eigentlich ziemlich aufschlussreich. Das Nullergebnis zeigt die Grenzen unseres verfügbaren Datensatzes auf. Möglicherweise werden relevante Dokumente nicht über das OParl-System veröffentlicht, oder sie sind unter anderen Begriffen kategorisiert. Auch zeitliche Einschränkungen können eine Rolle spielen – vielleicht fanden entsprechende Diskussionen vor dem abgedeckten Zeitraum statt.

Das Nullergebnis wurde zur Erkenntnis: Intransparenz oder unvollständige Datenbestände können wichtige Themen für die Öffentlichkeit unsichtbar machen.

Zweite Iteration: Klärschlamm als politischer Sprengsatz

Der nächste Versuch

Ermutigt durch die Lehren aus der ersten Iteration suchten wir nach einem anderen Entsorgungsthema: Klärschlamm. Auch hier geht es um Rückstände, die irgendwo hin müssen.

Was wir fanden: Ein Politikum ersten Ranges

Völlig anderes Bild! Hier stießen wir auf eine hochaktuelle Debatte mit konkreten Zahlen, die direkt ins Portemonnaie der Bonner*innen greift:

Die Ausgangslage: 800 Tonnen Klärschlamm pro Woche müssen von Bonn nach Köln-Merkenich transportiert werden. Drei Optionen stehen zur Wahl:

  • Schiffstransport: 29 Millionen Euro Investition → +27€ pro Haushalt im Jahr
  • Elektro-LKW: 2,4 Millionen Euro → +4€ pro Haushalt im Jahr
  • Diesel-LKW: 1,6 Millionen Euro → +7€ pro Haushalt im Jahr

Die politische Kehrtwende

Unser Tool deckte eine klassische kommunalpolitische Wendung auf:

  • 2021: Rat beschließt umweltfreundlichen Schiffstransport
  • 2024: Kostensteigerungen machen das Projekt unbezahlbar
  • 2025: Elektro-LKW wird zur favorisierten Alternative

Plötzlich geht es nicht mehr nur um Umweltschutz, sondern auch um 20+ Euro Unterschied pro Haushalt im Jahr. Das ist kommunalpolitischer Sprengstoff.

Was beide Iterationen zeigen

Iteration 1 vs. Iteration 2

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Während MVA-Rückstände in unserem Datensatz nicht auftauchen, ist Klärschlamm umfassend dokumentiert. Das zeigt, wie unterschiedlich transparent verschiedene Themenbereiche sind.

Gut dokumentiert sind Themen mit:

  • Direkten Kostenauswirkungen für Bürger*innen
  • Kontroversen zwischen verschiedenen Zielen (Umwelt vs. Kosten)
  • Aktuellen Entscheidungsbedarfen im Rat

Weniger sichtbar im Datensatz sind möglicherweise:

  • Themen, die in anderen Gremien behandelt werden
  • Routine-Abläufe ohne aktuellen Entscheidungsbedarf
  • Bereiche mit eingeschränkter Dokumentationspflicht

Praktische Erkenntnisse für politisch Interessierte

  1. Datenlücken erkennen: Wenn wichtige Themen nicht auftauchen, liegt es oft an der Datengrundlage, nicht am Thema selbst
  2. Transparenz ist selektiv: Manche Bereiche sind besser dokumentiert als andere
  3. Timing beeinflusst Sichtbarkeit: Themen können in unserem Datensatz fehlen, weil sie zu anderen Zeiten diskutiert wurden

Wie ihr selbst recherchieren könnt

Das Tool nutzen

Das stadt-bonn-oparl Tool (aktuell Version 1.3.0) hilft dabei, systematisch durch die Ratsdokumente zu navigieren. Es durchsucht nicht nur Titel, sondern auch Inhalte und kann thematische Verbindungen aufdecken.

Praktische Tipps

  • Variiert eure Suchbegriffe: “Müllverbrennung”, “MVA”, “thermische Verwertung” können unterschiedliche Treffer bringen
  • Achtet auf Nullergebnisse: Das Fehlen von Dokumenten kann auf Datenlücken oder Intransparenz hindeuten
  • Berücksichtigt Systemgrenzen: Nicht alle städtischen Aktivitäten werden gleich gut dokumentiert
  • Prüft verschiedene Zeiträume: Themen können außerhalb des verfügbaren Datenbestands diskutiert worden sein

Warum das wichtig ist

Kommunalpolitik wirkt oft abstrakt und langweilig. Aber sie entscheidet über Dinge, die uns direkt betreffen: Wie viel wir für Wasser bezahlen, wie unser Müll entsorgt wird, wie sauber unsere Luft ist.

Tools wie stadt-bonn-oparl machen diese Entscheidungsprozesse nachvollziehbarer. Sie zeigen, worüber diskutiert wird – und was möglicherweise zu wenig Aufmerksamkeit bekommt.

Für unsere Generation (15-45) ist das besonders relevant: Wir leben mit den Infrastrukturentscheidungen von heute noch Jahrzehnte lang. Ob beim Klimaschutz, bei Gebühren oder bei der Verkehrswende – lokale Politik hat direkten Einfluss auf unser Leben.

Mitmachen und Transparenz schaffen

Das Projekt lebt von eurer Beteiligung. Ob ihr eigene Recherchen anstellt, Bugs meldet oder neue Features vorschlagt – jeder Beitrag hilft dabei, die Bonner Stadtpolitik transparenter zu machen.

Habt ihr eigene Themen, die euch interessieren? Probiert das Tool aus und teilt eure Ergebnisse. Manchmal führen die überraschendsten Suchanfragen zu den interessantesten Entdeckungen.

Ausblick: Informationslücken gemeinsam schließen

Unsere Recherchen zeigen: Es gibt noch viele weiße Flecken in der verfügbaren Datenlage. Das müssen wir nicht hinnehmen. Als Bürger*innen haben wir konkrete Möglichkeiten, mehr Transparenz einzufordern:

Informationsfreiheitsanfragen stellen

Wenn wichtige Themen wie die MVA-Rückstandsentsorgung in unserem Datensatz fehlen, können wir direkt nachfragen. Das Informationsfreiheitsgesetz NRW gibt uns das Recht, Dokumente und Informationen von der Stadtverwaltung zu erhalten.

Praktisch bedeutet das:

  • Anfragen bei der Stadt Bonn zu spezifischen Themen
  • Nachfrage bei den Stadtwerken zu technischen Abläufen
  • Bitte um Veröffentlichung von Berichten und Konzepten

Bürgeranträge für bessere Dokumentation

Wir können auch strukturelle Verbesserungen einfordern. Bürgeranträge im Stadtrat können dazu führen, dass bestimmte Themenbereiche regelmäßiger und umfassender dokumentiert werden.

Mögliche Anträge:

  • Regelmäßige Berichte zu Umweltthemen im Rat
  • Bessere Kategorisierung und Verschlagwortung von Drucksachen
  • Erweiterte Veröffentlichungspflichten für städtische Betriebe

Community-Aktion: Die nächsten Themen

Lasst uns gemeinsam aktiv werden! Wir sammeln Themen, zu denen ihr gerne mehr Transparenz hättet. Die Bereiche mit den meisten Nachfragen werden wir mit gezielten Informationsanfragen und Bürgeranträgen angehen.

Schreibt uns eure Themenwünsche:

  • Umwelt und Klimaschutz
  • Verkehrspolitik und Mobilität
  • Stadtentwicklung und Wohnen
  • Bildung und Soziales
  • Digitalisierung der Verwaltung

Je mehr Menschen mitmachen, desto stärker wird unser gemeinsamer Druck für mehr Transparenz. Open Data ist kein Geschenk der Verwaltung – es ist unser demokratisches Recht, das wir aktiv einfordern müssen.

Habt ihr eigene Themen, die euch interessieren? Probiert das Tool aus und teilt eure Ergebnisse. Manchmal führen die überraschendsten Suchanfragen zu den interessantesten Entdeckungen.


Anhang: Vollständige Rechercheergebnisse

Iteration 1: Entsorgung von Rückständen der Müllverwertungsanlage (MVA)

Basierend auf meiner Recherche in den kommunalpolitischen Dokumenten der Stadt Bonn muss ich feststellen, dass ich keine spezifischen Dokumente zum Thema “Entsorgung von Rückständen der Müllverwertungsanlage (MVA)” gefunden habe. Die verschiedenen Suchbegriffe haben zwar einige Dokumente zu verwandten Themen wie Umwelt, Klimaschutz und Abfallwirtschaft ergeben, aber keine direkten Treffer zur MVA-Rückstandsentsorgung.

Thematische Übersicht: Entsorgung von Rückständen der Müllverwertungsanlage (MVA)

Einschätzung zur Relevanz des Themas

Obwohl in den aktuell verfügbaren Dokumenten keine spezifischen Drucksachen zur MVA-Rückstandsentsorgung identifiziert werden konnten, ist dies ein wichtiges umweltpolitisches Thema für Bonn. Die Stadt Bonn verfügt über eine Müllverbrennungsanlage (MVA), deren Rückstände wie:

  • Schlacken
  • Filterstäube
  • Kesselaschen
  • Rauchgasreinigungsrückstände

ordnungsgemäß entsorgt werden müssen.

Mögliche Gründe für fehlende Dokumententreffer
  1. Zeitlicher Rahmen: Die relevanten Dokumente könnten außerhalb des durchsuchten Zeitraums liegen
  2. Zuständigkeit: Die MVA-Thematik könnte primär bei den Stadtwerken Bonn oder anderen städtischen Betrieben angesiedelt sein
  3. Dokumentenbezeichnung: Die Thematik könnte unter anderen Begriffen wie “thermische Abfallbehandlung” oder “Reststoffverwertung” behandelt werden
Verwandte Themenfelder in der Bonner Kommunalpolitik

Aus den gefundenen Dokumenten lassen sich folgende verwandte Bereiche identifizieren:

  1. Klimaschutz und Nachhaltigkeit

    • Mehrere Dokumente zum Bonner Klimaplan 2035
    • Nachhaltigkeitsstrategien für verschiedene Bereiche
  2. Umweltschutz

    • Amt für Umwelt und Stadtgrün als zuständige Stelle
    • Umweltausschuss als relevantes Gremium
Empfehlungen für weitere Recherche

Um spezifische Informationen zur MVA-Rückstandsentsorgung zu erhalten, empfehle ich:

  1. Direkte Anfrage bei den Stadtwerken Bonn als Betreiber der MVA
  2. Prüfung älterer Drucksachen (vor 2024)
  3. Suche nach Berichten zur Abfallwirtschaft oder zum Abfallwirtschaftskonzept
  4. Kontaktaufnahme mit dem Ausschuss für Umwelt, Klima und Lokale Agenda

Die Entsorgung von MVA-Rückständen ist ein kontinuierlicher Prozess, der möglicherweise nicht regelmäßig als eigenständiges Thema in den kommunalpolitischen Gremien behandelt wird, sondern eher im Rahmen von Jahresberichten oder größeren Konzeptbeschlüssen zur Abfallwirtschaft.

Iteration 2: Klärschlammverwertung in der Bonner Kommunalpolitik

Themeneinschätzung

Das Thema “Klärschlammverwertung” ist in der Bonner Kommunalpolitik von erheblicher Relevanz und aktueller Brisanz. Es handelt sich um ein infrastrukturelles Großprojekt mit weitreichenden Auswirkungen auf die städtischen Abwassergebühren und die Umweltpolitik der Stadt. Die Diskussion konzentriert sich hauptsächlich auf die Transportlogistik des Klärschlamms zur neuen Klärschlammverwertungsanlage (KVA) in Köln-Merkenich und die damit verbundenen wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte.

1. Relevante Drucksachen

Zentrale Dokumente

DS-Nr. 210992-12 (Beschlussvorlage, März 2025)

  • Titel: “Grundsatzentscheidung zur Festlegung künftiger Klärschlammverwertung; hier Klärschlammtransport von der Kläranlage Bonn Salierweg zur neuen Klärschlammverwertungsanlage (KVA) in Köln Merkenich”
  • Relevanz: Kernstück der aktuellen Debatte über die Transportmodalitäten
  • Status: Zur Entscheidung im Rat am 08.05.2025

2. Chronologische Entwicklung

2021
  • 28.06.2021: Ratsbeschluss (DS-Nr. 210992-02 AA) für Klärschlammtransport per Schiff mit umweltfreundlichen Antrieben
2022
  • Sommer 2022: Stadt Bonn tritt der Klärschlammverwertung am Rhein GmbH (KLAR GmbH) bei
2024-2025
  • 2024: Detailplanungen zeigen erhebliche Kostensteigerungen beim Schiffstransport
  • Januar 2025: Neue Beschlussvorlage empfiehlt Umstellung auf Elektro-LKW-Transport
  • März-Mai 2025: Beratungen in Ausschüssen und Ratsentscheidung anstehend

3. Thematische Unterkategorien

3.1 Transportvarianten
  • Schiffstransport: Ursprünglich geplant, batterieelektrisch
  • Elektro-LKW: Neue präferierte Variante
  • Diesel-LKW: Als Vergleichsvariante untersucht
3.2 Wirtschaftliche Aspekte
  • Investitionskosten:
    • Schiff: 28.970.000 €
    • Elektro-LKW: 2.430.000 €
    • Diesel-LKW: 1.580.320 €
  • Auswirkungen auf Abwassergebühren (Musterhaushalt/Jahr):
    • Schiff: +27,17 € (4,1% Erhöhung)
    • Elektro-LKW: +4,11 € (0,6% Erhöhung)
    • Diesel-LKW: +7,32 € (1,1% Erhöhung)
3.3 Technische Infrastruktur
  • Kläranlage Salierweg: Ausgangspunkt des Transports
  • KVA Köln-Merkenich: Zielort (Inbetriebnahme 2029 geplant)
  • Transportmengen: ca. 800 Tonnen/Woche bzw. 7.000 t/Jahr
3.4 Umweltaspekte
  • CO2-Emissionen: Fokus auf umweltfreundliche Transportlösungen

Probiert das Tool selbst aus und teilt eure Rechercheergebnisse! Weitere Infos und Diskussionen im Repository oder über unsere bekannten Kanäle.

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