Thesenevaluation
Der zweite Schritt im Konsensprozess, die Thesenevaluation, baut direkt auf den Ergebnissen des ersten Schritts (Kontextdefinition) auf und führt die Konsensbildung weiter.
Zusammenhang mit dem ersten Schritt
Der erste Schritt hat durch systemisches Konsensieren und Pol.is-Unterstützung:
- Den thematischen Rahmen abgesteckt
- Die Stakeholder identifiziert und eingebunden
- Erste konsensfähige Themenbereiche identifiziert
- “Brückenthemen” zwischen verschiedenen Interessengruppen aufgezeigt
Die Thesenevaluation nutzt nun diese Grundlage, um konkrete Thesen zu formulieren und strukturiert zu bewerten. Die im ersten Schritt als konsensfähig identifizierten Themenbereiche werden jetzt in präzise Thesen überführt.
Verfeinerter Prozess der Thesenevaluation
1. Thesenformulierung
Methodik:
- Ableitung von Thesen aus den konsensfähigen Themenbereichen des ersten Schritts
- Nutzung der Pol.is-Ergebnisse zur Identifikation kontroverser Punkte
- Formulierung von 3-5 zentralen Thesen pro identifiziertem Themenbereich
- Berücksichtigung verschiedener Perspektiven der Stakeholder
Beispiel: Wenn im ersten Schritt “Datenschutz im Gesundheitswesen” als konsensfähiger Themenbereich identifiziert wurde, könnten folgende Thesen abgeleitet werden:
- These 1: “Die Patienteneinwilligung muss für jede einzelne Datennutzung aktiv eingeholt werden.”
- These 2: “Anonymisierte Gesundheitsdaten sollten für Forschungszwecke ohne explizite Einwilligung nutzbar sein.”
- These 3: “Die technische Implementierung von Datenschutzmaßnahmen sollte gesetzlich standardisiert werden.”
2. Strukturierte Bewertung der Thesen
Methodik:
- Entwicklung eines Bewertungsrasters mit klaren Kriterien
- Beurteilung jeder These anhand von Kriterien wie:
- Praktische Umsetzbarkeit
- Rechtliche Konformität
- Übereinstimmung mit ethischen Grundsätzen
- Wirtschaftlichkeit
- Akzeptanz bei verschiedenen Stakeholdern
- Quantitative Bewertung (z.B. 1-5 Skala) für jedes Kriterium
- Qualitative Begründung der Bewertungen
Beispiel für ein Bewertungsraster:
These: “Anonymisierte Gesundheitsdaten sollten für Forschungszwecke ohne explizite Einwilligung nutzbar sein.”
Kriterium | Bewertung (1-5) | Begründung |
---|---|---|
Praktische Umsetzbarkeit | 4 | Technisch gut machbar, erfordert aber Standardisierung |
Rechtliche Konformität | 3 | Abhängig von nationaler Gesetzgebung, DSGVO-Kompatibilität prüfen |
Ethische Grundsätze | 2 | Potenziell problematisch bei sensiblen Daten, Diskriminierungsrisiko |
3. Evidenzbasierte Unterstützung
Methodik:
- Literaturrecherche und Faktensammlung zu jeder These
- Zusammenstellung von Pro- und Contra-Argumenten
- Identifikation von Best Practices und Fallbeispielen
- Sammlung relevanter Studien und Daten
- Expertenbefragungen zu spezifischen Thesen
4. Konsensgradmessung
Methodik:
- Anwendung des systemischen Konsensierens auf Thesenebene
- Nutzung von Pol.is zur Visualisierung des Konsensgrads
- Identifikation von Thesen mit geringem Widerstand
- Analyse von Teilgruppen mit ähnlichen Positionen
5. Thesenmodifikation und -verfeinerung
Methodik:
- Iterative Anpassung von Thesen mit hohem Widerstand
- Aufspaltung von komplexen Thesen in Teilthesen
- Entwicklung von Kompromissformulierungen
- Dokumentation des Entwicklungsprozesses der Thesen
Arbeitsergebnisse für das Konsensdokument
Aus dem zweiten Schritt ergeben sich folgende konkrete Beiträge zum Konsensdokument:
-
Thesenkatalog
- Vollständige Liste der evaluierten Thesen
- Systematische Kategorisierung nach Themenbereichen
- Visualisierung der Zusammenhänge zwischen Thesen
-
Bewertungsmatrix
- Tabellarische Darstellung aller Bewertungen
- Farbcodierte Übersicht des Konsensgrads pro These
- Identifikation von Thesen mit hohem/niedrigem Widerstand
-
Evidenzdossier
- Zusammenfassung der gesammelten Fakten und Belege
- Literaturverzeichnis mit relevanten Quellen
- Dokumentation von Expertenbefragungen
-
Konsensgradanalyse
- Visualisierung des Konsensgrads über alle Thesen
- Identifikation von Konsensclustern
- Darstellung unterschiedlicher Interessensgruppen
-
Prozessdokumentation
- Beschreibung der Entwicklung von Thesen
- Nachvollziehbare Darstellung von Anpassungen
- Reflexion über den Bewertungsprozess
Diese Arbeitsergebnisse bilden eine fundierte Grundlage für den dritten Schritt (Deep Research) und stellen sicher, dass die weitere Untersuchung auf konsensfähigen und präzise formulierten Thesen aufbaut. Sie dokumentieren zudem transparent den Prozess der Thesenevaluation und machen ihn für alle Beteiligten nachvollziehbar.